[Vielen Dank an Piper Digital für das Rezensionsexemplar]
„Der Drang ihrer Schwester zur Selbstdarstellung ging ihr gehörig auf die Nerven. In der Charité erwarten sie von einer freiwilligen Helferin im sozialen Reichsdienst wohl kaum Wunder.“
Daniela Franka – Zeitenwinter, S.10, Piper digital.
2048: Der zweite Weltkrieg wurde von Deutschland gewonnen. Es gibt nur noch drei Großmächte auf der Welt. Das Großgermanische Reich hat Deutschland mittlerweile komplett verändert und im Mittelpunkt von Zeitenwinter steht Lisa. Sie arbeitet für das Reichspropaganda Ministerium und soll für die Olympischen Spiele eine gute Band finden und sich gleichzeitig als Frau in dem Ministerium beweisen. Diese Band findet sie in Schottland. Mit dem Sänger Alex, in den sie sich langsam verliebt. Das Problem dabei: Alex ist im Widerstand und Lisa Regime nah aufgezogen.
Zeitenwinter von Daniela Franka hat mir nicht so gut gefallen, wie ich es mir erhofft hatte. Im Grunde dachte ich, sei es eine schöne Romance mit ein bisschen Drama, da Lisa aus einer regimenahen Familie kommt und Alex im Widerstand ist. Ich erhoffte mir einen spannenden Interessenskonflikte bei Lisa und eventuell eher ein dramatisches als ein Happy End. Nun, so kam es leider nicht.
Lisa ist eine Nachfahrin von Göbbels und hat dank ihrem Nachnamen eine gute Position inne. Sie ist dem Naziregime treu und steht voll und ganz hinter allem. Obwohl sie mit ihren braunen Haaren nicht dem arischen Standard entspricht. Aber dies ist immer nur ein kurzer Zweifel, den der Leser mitbekommt. Sie wird von ihrem Vorgesetzten durch ihr Vitamin B nicht geschätzt und daher auf den Bandcontest angesetzt, bei dem dieser auf ihr Scheitern hofft. Doch das passiert nicht, da sie Neumond – Alex Band – entdeckt.
Alex ist Teil des Widerstandes und rutscht in die radikalen Machenschaften so rein. Er kommt aus Schottland, welches zum Großgermanischen Reich gehört. Er macht zwar mit Marc bei dem Bandwettbewerb mit, doch beide leben eher für ihre verbotene, englische Musik. Alex ist von vornherein regimefeindlich, da er mit den Werten der Führenden nicht klarkommt. Zum Beispiel muss er Deutsch sprechen und darf nicht mehr sein schottisch sprechen. Dies steht unter Strafe.
„Ihr Konzert hatte vor gut einer halben Stunde geendet, aber nach einem Auftritt dauerte es stets eine Weile, bis er zur Ruhe kam. Insbesondere wenn er wie heute mit seinem besten Freund Mark eines ihrer unerlaubten Konzerte gegeben hatte. Er liebte diesen zusätzlichen Rausch, genauso wie die englischsprachigen Lieder, die sie bei ihren heimlichen Konzerten als Sad Moon spielten.“
Daniela Franka – Zeitenwinter, S.19, Piper digital.
Jedoch verliebt er sich in Lisa, was ihn auch in den Augen von Marc zu einem Verräter macht. Und hier liegt auch schon das Problem: Die beiden verlieben sich ineinander, doch Lisa muss es vor ihrer Familie geheim halten, Marc zeigt Alex regelmäßig seine Abneigung, ebenso wie Lisas beste Freundin. Auch Lisa zweifelt zum Teil an ihren Gefühlen. Soweit ist das Buch auch noch logisch.
Bis Alex Lisa plötzlich aus heiterem Himmel erzählt, dass er verbotene Musik spielt. Er singt auf englisch und schweigt zu dem Zeitpunkt noch zu seiner Widerstandsangehörigkeit. Theoretisch sollte Lisa nun erschüttert sein, doch sie ist es nicht. Sie überlegt knapp nen Tag und akzeptiert es einfach so und schaut sich sogar einen seiner Auftritte an. Als sie dann herausbekommt, dass Alex zum Widerstand gehört, ist sie ebenfalls kaum geschockt. Das fand ich wenig realistisch, da jemand der regimenah sei, doch eigentlich anders reagieren müsste? Selbst wenn man schon ein wenig am Regime zweifelt und selbst wenn man verliebt ist, vergisst man doch nicht den Drill. Da hätte ein unglaubliches Potential für einen Fall zwischen beiden Charakteren sein können, doch der kam nie.
Beide waren eher auf dem Gebiet des „ich liebe dich, deshalb verzeih ich dir“ Level. Auch Lisas Schwester finde ich etwas schwierig, da sie plötzlich mit zum Widerstand will, obwohl man sie vorher immer als sehr streng angesehen hat und keine Neigung in Bezug auf einen Hass dem Regime gegenübergesehen hat. Selbst als sie erzählt, weshalb sie sich so verhalten hat, mach diese 90 Grad Wende für mich leider keinen Sinn. Mir fehlt einfach eine richtige Motivation.
„Ihre Eltern hatten ihr dies bis heute nicht ganz verziehen, aber Lisa hatte sich schlicht geweigert, einen Mann zu heiraten, den sie nicht von ganzem Herzen liebte.
Einen weiteren Fehltritt konnte sie sich seitdem keinesfalls erlauben, wenn sie es sich mit ihrer nicht endgültig verderben wollte. Doch das war ihr momentan egal.“
Daniela Franka – Zeitenwinter, S.48, Piper digital.
Auch ist Lisas beste Freundin ist ab Mitte des Buches rein zufällig mit einem Mann aus dem Geheimdienst zusammen und macht Lisa immer mehr Vorwürfe, dass sie mit Alex zusammen ist. Aber auch diese Konstellation bleibt komisch und scheint mir auch nicht ganz durchdacht.
Der einzige Charakter, der einigermaßen nachvollziehbar handelt, ist Alex bester Freund Marc. Er hasst das Großgermanische Reich und der Leser kann davon ausgehen, dass er Alex zu dem Wettbewerb drängt, so wie er ihn in den Widerstand drängt. Er wäscht Alex mehrmals den Kopf, als er ausfinden, dass Alex Lisa alles erzählt hat. Außerdem ist er auch derjenige, der beide in tiefer in den Widerstand drängt und selbst das furiose Ende mit plant. Alex hilft ihm hierbei auch. Doch dadurch bleibt auch Marc ein sehr platter Charakter.
Am Ende des Buches kommt es dann zu einer flächendeckenden Katastrophe vom Widerstand, die das Regime stark trifft. Hier ist das erste Mal, dass Lisa ein wenig mehr Farbe als Charakter bekommt. Sie bangt um ihre Familie, aber auch um Alex. Nur ist mir das Ende dann auch wieder ein ticken zu lang. Es hätte mit der Explosion enden können, aber es muss dann ja noch künstlich ein Familienproblem aufgebauscht werden und wenig später sind Alex und Marc verschwunden.
Insgesamt bekommt keiner der Charaktere so richtig Pepp. Sie handeln oft nicht nach ihrem Charakter, sind aber auch nicht impulsiv und viele ihrer Motivationen machen keinen Sinn. Schade fand ich an Zeitenwinter auch, dass viele der Dialoge absolut nich zu Menschen in ihren 20ern gepasst haben. Oft waren sie etwas platt und viel zu übertrieben kitschig. Ansonsten war der Schreibstil aber vollkommen flüssig. Mir hat zudem nicht gefallen, dass es ein Reihenauftakt ist, von dem im Klappentext nicht die Rede ist. Deshalb bin ich auch mit komplett anderen Erwartungen an den Text heran gegangen und habe mich dadurch recht schnell gelangweilt, denn es ist nicht viel passiert. Schade.
Zeitenwinter | Daniela Franka
02.04.2019 | 344 Seiten
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